Shut Down VION! begann seine Aktivitäten im Juni 2020, als der Schlachthof von Vion in Boxtel trotz eines Corona-Ausbruchs geöffnet blieb. Gemeinsam mit Anwohnern wurde eine Demonstration organisiert. Die Demonstration wurde angemeldet und mit der Polizei und der Gemeinde besprochen, Reden wurden gehalten, also eigentlich nichts Besonderes. Das Besondere allerdings war, dass die FDF (die militante Farmers Defence Force) drohte, die Demonstration zu stören, weshalb die Teilnehmer mit Bussen transportiert wurden und strikt hinter Zäunen bleiben mussten - zum Schutz vor der FDF.

Was aber auch geschah: Der zuständige Bezirkspolizist versah diese friedliche Demonstration mit einem CTER05-Code. Der CTER05-Code steht für "Tier- und Umweltextremismus". Wir haben das herausgefunden, weil der Aktivist Frank van der Linde seine Polizeiakte angefordert hat.(1)

CTER steht für: Contra Terrorismus Extremismus und Radikalisierung. Dieser Code kann für Veranstaltungen, aber auch für Einzelpersonen und Organisationen vergeben werden, die ein "Problem" darstellen und von den repressiven staatlichen Systemen einschließlich AIVD, Polizei, Gemeinde und Bürgermeister mit besonderer Priorität behandelt werden. Das bedeutet: mehr Kontrolle, mehr Registrierung und damit mehr Unterdrückung. Anscheinend kann man einen solchen Code bekommen, wenn man eine einfache Demonstration organisiert. Das Gute ist: Der Code ist inzwischen entfernt worden, nachdem wir einen Antrag auf Berichtigung gestellt haben. Das Erschreckende: ein übereifriger Bezirksbeamter kann  eine Demonstration als solche kennzeichnen und es gibt keine Schutzmaßnahmen, um eine falsche Kennzeichnung zu verhindern.

Schon bei der ersten Demonstration im Juni hielt es die Polizei für nötig, die Ausweise einiger Aktivisten im Nachhinein zu kontrollieren, was die Beamten bei Aktionen unserer Gruppe immer wieder wiederholten, was höchst fragwürdig ist. Die Polizei verlangt Ausweise, weil sie wissen will, wer daran beteiligt ist. Aktivisten, die regelmäßig an Aktionen teilnehmen, die (unberechtigterweise) mit CTER-Codes versehen sind, können zu CTER-Subjekten werden. Von da an hat der Staat mehr Befugnisse, um diese Aktivisten, aber auch ihre Familien und Bekannten zu überwachen.

Einige Aktionen später, im März 2021, war Shut Down VION! mit einer anderen Form der staatlichen Unterdrückung konfrontiert. Während der Aktion - einer Blockade des Schlachthauseingangs - wurden vier Personen verhaftet.

Zwei von ihnen, beide Rollstuhlfahrer, hatten ihre Ausweise nicht dabei und blieben anonym. Sie blieben deshalb besonders lange im Polizeigewahrsam von Den Bosch. Einer von ihnen wurde sogar illegal in den Einwanderungsgewahrsam gebracht. Erst als unser Anwalt mit einem Eilverfahren drohte, machte das IND einen Rückzieher und sie müssen nun Schadensersatz zahlen.

Sie wurden auch von einem Mann in Zivil angesprochen, der sich nicht auswies und der sich als jemand vom Geheimdienst vorstellte. Er gab ihnen seine Telefonnummer und bat sie, ihn anzurufen, aber niemandem von diesem Besuch zu erzählen. Beide Häftlinge empfanden dies als Einschüchterung. Nur diejenigen, die im Rollstuhl saßen, wurden angesprochen. Das überrascht uns nicht: Ablismus, Rassismus, Sexismus und andere Formen der Diskriminierung sind bei der Polizei an der Tagesordnung.

Der Geheimdienstmann entpuppt sich als Teil des Team Public Order Intelligence (TOOI). Dabei handelt es sich um einen Ableger der Regionalteams des AIVD (RIDs), die den Klimaaktivisten unter anderem von Extinction Rebellion und Code Rood bekannt sind, wo dieser Dienst bereits vor zwei Jahren aktiv Informanten rekrutiert hat. Laut Justizminister Ferd Grapperhaus rekrutiert TOOI nur dann Informanten, wenn es "im Hinblick auf (mögliche) schwerwiegende Störungen der öffentlichen Ordnung" (Parlamentarische Anfragen Juni 2019) eine hinreichende Notwendigkeit und einen Grund dafür gibt.

Geheimdienste arbeiten lieber im Verborgenen und versuchen vor allem, den Menschen Angst zu machen: Wir beobachten dich! Die Polizei (und der gesamte Staatsapparat) denken immer, dass sie mit Repressionen davonkommen. Akten werden kaum geteilt oder Anfragen werden ignoriert.

Natürlich lassen wir uns nicht einschüchtern - und wir werden mit unseren Aktionen weitermachen.

Hattest Du auch eine merkwürdige Begegnung mit Behörden oder wurdest Du von Polizisten oder Geheimdiensten angesprochen? Lassen Dich nicht einschüchtern und sprich darüber! Es ist wichtig, dass die GenossInnen wissen, was Ihnen passiert ist, es ist auch wichtig, dass aktivistische Gruppen vor staatlichen Unterwanderungs- und Manipulationsversuchen gewarnt werden. Schreib für Dich selbst auf, was Du erlebt hast, dabei so detailliert wie nur möglich. Da Erinnerungen verblassen, kann das später nützlich sein. Aber vor allem: Behalte das alles nicht für dich, sondern teile deine Erfahrungen mit Menschen, denen Du vertraust.

(1) Übrigens war Frank gar nicht auf dieser Demo und sein Name wurde nach einer Berichtigungsanfrage bereits aus dem Bericht entfernt.

Das Bild für diesen Beitrag wurde von Rachied auf der ersten Demo am 26. Juni 2020 aufgenommen.